Rede am 15.03.2022 auf der Kundgebung zum internationalen Tag gegen Polizeigewalt

Ihr fragt euch vielleicht: Was haben Queers mit den Bullen zu tun? Ich will heute andersherum fragen: was wollen die Bullen ständig von uns Queers? 

Die Antwort ist einfach: Queers sind der herrschenden Ordnung ein Dorn im Auge.

Queer zu sein bedeutet in vielen Belangen ein Bruch mit der sogenannten Normalität. An der Stelle könnten wir uns fragen: Normalität für wen? Mit Normalität sind meistens beschönigend gesellschaftliche Herrschaftsmechanismen gemeint. Geschlecht ist ein solcher Herrschaftsmechanismus: Geschlecht ordnet unsere Gesellschaft in zwei Bereiche: mann und Frau. Geschlecht im patriarchalen Kapitalismus gibt dem Mann dann Herrschaft, stellt die Frau schlechter und legitimiert so die Ausbeutung von allem was ‚weiblich‘ konnotiert ist. Queer zu sein bedeutet dieses Geschlechtsverständis anzugreifen. Und damit diese „Normalität“ in Frage zu stellen. Wir sind Tunten, Queens, Kings und Quings in Strapsen und Binder. Wir transitionieren, wir re-transitionieren wie wir Bock haben. Wirsuchen uns unser Geschlecht genausowenig aus wie cis Menschen, wir finden es nur anderswo. Dann sind wir noch so frech und haben Spaß an Brüchen. Wir entschuldigen uns nicht mehr für unsere lesbische Zweihandäxte und Highheels, für unsere Gummischwänze in Cashew und lila, unsere nicen Frisuren und abgefahrene Neopronomen. Wir sind PROUD, wir feiern die QUEER PRIDE.

Monogame Heterosexualität als „Das Normale“ zu begreifen und zu propagieren ist ein weiteres biopolitisches Herrschaftsinstrument. Die vorher durch Geschlecht gebildeten Gruppen sollen sich romantisch aufeinander beziehen. Wir sollen Babys kriegen. Die Kinderzahl pro cisFrau ist noch immer ein Parameter um Nationalstaaten zu beschreiben. An dieser Kinderzahl werden dann politische Strategien umgesetzt, z.b. Förderungen oder Entlastungen von heterosexuellen Kleinfamilien. Queers beziehen sich in allen möglichen Kombinationen romantisch aufeinander, vögeln wild durcheinander, total unordentlich. Und wenn wir Kinder kriegen, dann mit unseren Communitys, dann wird sich abgesprochen wer hat eigentlich noch eine Gebärmutter und könnte man sich da einklinken in das Baby?

Der Staat schaut sich dieses Treiben an – und dann hasst er die Queers. Weil sie sowohl Geschlecht und Begehren als Herrschaftsinstrument in Frage stellen. Deswegen entwickeln Staaten unzählige Ausprägungen von gesetzlichen Repressionen. Gesetze die uns vorschreiben wie wir auszusehen haben, was wir anziehen sollen, wer wir sein sollen, wie wir uns verhalten sollen. Gesetze die uns sagen wie und mit wem wir Sex haben sollen. Gesetze die beschreiben wie uns weh zu tun ist, wenn wir abweichen. Gesetze wie das sogenannte ‚Transsexuellen-Gesetz‘, die es uns absichtlich schwer machen, die uns entwürdigen, ausbremsen, die uns kaputt machen sollen und brechen in dem wie wir unser Leben leben würden.

Der Staat schickt uns in prekäre Jobs und Armut. Er bürgt uns Wohnungslosigkeit auf. Erst stellt er uns rechtlich krank und dann macht er uns psychisch krank. Er lässt uns uns selbst umbringen, wie zuletzt Ella in Berlin.

Und dafür braucht der patriarchale Staat seine Handlanger.
Wen schickt er aus, um zu kontrollieren dass wir mindestens 3 Klamotten unseres zugewiesenen Geschlecht tragen? Das war mal ein Gesetz! Diese Kontrollen löste die Gegenwehr rund um den Christopher Street day aus.Wen schickt er, um die Homosexuellen in Tschetschenien zu tot zu prügeln? Wen schickt er seit Jahrzehnten, um Sexarbeitende zu schickanieren und zu entwürdigen? Und wer schleift uns dann in Gewahrsam? Wer verweigert uns in Haft unsere Medikamente? Wer kontrolliert unsere Pässe? Wer schiebt uns ab in sogenannte Herkunftsländer? Wer tötet uns dann in diesen Herkunftsländern?

Es ist die Polizei! Es ist die Polizei, die Gesetze an uns umsetzt – unabhängig davon, ob etwas richtig oder gerecht ist. Die Polizei ist eine Institution, die von gesellschaftlich Mächtigeren erfunden wurde um wenig mächtigere zu knechten. Uns Arme, uns Lohnabhängige, uns Wohnungslose, Süchtige, Stigmatisierte, uns Arbeitsscheue, uns Queers. Damit wir uns nicht wehren gegen die Misere. Die Polizei wird eingesetzt um den Status Quo zu erhalten. Um Herrschaft durchzusetzen. Und solange Geschlecht und Begehren in einem Nationalstaat als Instrument eingesetzt wird, wird uns die Polizei damit auf den Sack gehen.

In Sachsen sitzt die AFD mit 30% im Landtag. Wenn diese Faschisten Gesetze schreiben – und sie wollen Gesetze schreiben, denn sie hassen uns Queers! – ja, dann ist es die Polizei die kommt, uns zu zählen, uns zu bestrafen oder zu prügeln. Dann ist es die Polizei, die kommt, um uns in den Knast zu stecken. Dann ist es die Polizei die sagt sie sie hielte sich ja nur an Recht und Ordnung.Doch es geht nicht um Ordnung, es geht um Unterordnung. Es geht nicht um Recht, es geht um Unterdrückung und Ausbeutung. Um die Aufrechterhaltung eines Herrschaftssystems.

Scheiß auf Recht und diese Ordnung!
Die Geschichte der Queers ist eine herrliche ohne Ordnung. Die queere Community ist eine herausragend widerständige! Ob bei Comptons Cafeteria oder im Stonewall Inn: einige unserer größten Feiern beziehen sich auf Kneipenschlägereien mit den Cops. Weil wir wissen wie man feiert!

Es ist eine traurige Tatsache, dass die, die am wenigsten zu verlieren haben, als Speerspitze sozialer Bewegungen gelten. Wenig zu verlieren hat man, wenn einem bereits vieles genommen wurde. Je mehr intersektionale Herrrschaftsmechanismen zusammen kommen, desto mehr wird einem genommen. Rechte, Selbstbestimmung, medizinsche Versorgung, Wohlstand oder Unversertheit z.B. So ist es kein Wunder, dass es häufig transgeschlechtliche Schwarze Frauen waren, viele in der Sexarbeit tätig, die diese Speerspitze bildeten. Sie hatten nichts mehr zu verlieren und Hunger auf Alles. Sie waren Motor der Kämpfe gegen Repression,  Polizeiwillkür und Gewalt. Sie waren die treibende Kraft der aufkommenden Gay Liberation – bis sie von eben dieser wieder verstoßen wurden.Wer ihnen in den Rücken fällt, fällt uns allen in den Rücken. Ausdrückliche Solidarität mit Sexarbeitenden! Wir wollen füreinander da sein! Die queere Community und ihre Allys halten zusammen! Wir entwerfen Umgänge außerhalb gesetzlicher Strafkonzepte. Community Accountability und restorative / transformative justice ist so ein Beispiel.

Und wir kämpfen weiter für unsere Rechte!
Als Ella sich am 14. September in Berlin öffentlich verbrannte, war es die mörderische Normalität rassistischer deutscher Gesetze, die sie dazu trieben. Die Polizei beeilte sich noch am selben Tag, eine politische Motivation auszuschließen. Journalist*in jeja Klein fragte vehement nach, bis rauskam dass diese Behauptung reine Willkür war. Die mehrmalige Schändung ihre Grabes wurde nie verfolgt, ebenso wenig haben die Cops aufgeklärt, wer die Bilder ihres verbrannten Körpers leakte.
Wir werden keinen Frieden finden in einem System das nie vorhat uns gleichwertig zu stellen. Wir lassen uns nicht bestechen durch liberale Reformen für einige von uns, während andere auf der Strecke bleiben!

Wir werden weiter leben und lieben wie und wen wir wollen.
Fight the police, dont fuck them!

Wir sehen uns am 25.06. zur Queer Pride Dresden auf der Straße!

Lets fuck against the system!