Redebeitrag Seebrücke

Moin, ich bin Nicol. Ich engagiere mich bei der Seebrücke Dresden. Wir streiten für die Belange von Geflüchteten Menschen – für faire Asylverfahren, gute Unterbringung und freiwillige Mehraufnahme der Kommunen, sowie das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe. Im Grunde leben viele von uns mit der Utopie im Herzen, dass jeder Mensch auf der Welt leben kann, wo er sich wohl und sicher fühlt.  Ich möchte heute darüber sprechen, wie sehr die Idee der EU-Mitgliedsstaaten zu den Verschärfungen des Asylgesetzes und überhaupt die rechten Kräfte innerhalb der Wertegemeinschaft der EU sich negativ auf die Entwicklung einer gesunden pluralistischen Gesellschaft auswirken und vor allem marginalisierte Gruppen wie die LGBTIQ+ gefährden.  Nicht um uns zu demotivieren, sondern um zu zeigen, dass alle, denen es gut geht und die in vielen Bereichen frei leben, eine Verantwortung für die nächste Generation tragen. Denn unsere Rechte von heute sind ein Ergebnis der Kämpfe von gestern. Hier in Deutschland lebende Bürger:innen können sich freuen: Mit einem Beauftragten für queere Belange im Bundestag und einem Aktionsplan zur Abschaffung von Diskriminierung und Hebung des Lebenstandards der LGBTIQ + geht es bei  voran.  Alles ein Ergebnis von langen, ermüdenden Kämpfen der LGBTIQ+-Community, die in vielen Bereichen und Ländern absolut noch nicht vorbei sind.  z.bsp in Afghanistan, Libanon, Litauen, Belarus, Russland, Marokko, Ägypten, Vereinigte Arabische Emirate etc… es gibt so viele Länder auf der Welt, die zwar aus der Sicht einer nicht marginalisierten Person als sichere Herkunftsstaaten gelten – dort kämpfen aber unsere LGBTIQ+ Community um die grundlegensten Menschenrechte. Redefreiheit und Ausleben der eigenen sexuellen Neigung, Leben im gefühlten Geschlecht.  Selbst wenn Frieden im Land ist haben Menschen der Queeren Community viele häufiger Gründe zu fliehen das sie im eigen Land durch strenge Religiöse oder Gesellschafttlich Moralische Ansichten verfolgt, mit dem Tode bedroht oder zu einem Leben in schweigen gezwungen werden.  Die Lösung, wenn man in so einer Situation steckt, könnte ganz einfach sein.  Eigentlich ist  ganz klar für den gesunden Menschenverstand.  „Hier kann ich nicht sein, wie ich bin – dann gehe ich woanders hin und suche mein Glück dort.“  LGBTIQ+-Geflüchtete können Asyl in der EU erhalten. Im Asylverfahren sind sowohl die LGBTIQ+-feindliche Rechtslage im Herkunftsland, die gesellschaftliche Atmosphäre als auch die persönliche Betroffenheit entscheidend.  Theoretisch ist das eine Rechtsprechung, die Hoffnung machen sollte. Nur wie sieht es eventuell bald aus, und wie könnte es in Zukunft sein? Ein Beispiel: Du bist ein junger Mensch, 24 Jahre alt, trans. Kommst aus einem der 46 von 54 Staaten in Afrika, die queerfeindlich sind, und wo du dich vom Tode bedroht siehst, sobald du nur den Mund aufmachst und darüber sprichst.   Du fliehst über Tuniesen oder Lybien, über das Mittelmeer nach Europa. Kommst in Italien an. Und dann wirst du haftähnlichen Zuständen 12 Wochen verwahrt. In der Zeit wird geklärt, wie viele Menschen aus deinem Land, die hier Schutz gesucht haben, anerkannt worden sind und bleiben durften. Liegt die Quote unter 20% dann sagt dir jemand: „Sorry, du musst zurück. Wir wissen, wo du hergekommen bist, und deine Gründe, warum du gekommen bist, sind uns so ziemlich egal.“ Wohin dann?  Zurück oder…? Die einzige allgemeingültige Voraussetzung für eine Abschiebung in sogenannte „sichere Drittstaaten“ oder Transitstaaten soll sein, dass die betroffenen Menschen eine Verbindung zu diesem Land haben, und dass der Drittstaat sie zurücknehmen will. Wie diese Vorausetzungen dann im Detail aussehen, soll im Ermessen der EU-Mitgliedstaaten liegen, die für das jeweilige Asylverfahren zuständig sind.  Das wäre in unserem Beispiel Italien, mit ihrer aktuellen rechtskonservativen Regierung.  Italien, Griechenland und Österreich setzten sich übrigens mit der Forderung durch, abgelehnte Migrant:innen künftig grundsätzlich

 auch in sogenannte „sichere Drittstaaten“ oder in ihre Transitländer abschieben zu können. Und für Transitländer wie Tunesien oder Lybien haben sich lukrative Geschäftsideen mit der EU-Wertegemeinschaft ergeben. Bedeutet: Die Menschen werden in Lagern zurückgeführt, die unmenschlicher nicht sein könnten. Alles finanziert von der EU. Tschechien, Polen, Italien und Ungarn erhöhen den Druck auf die EU mit ihrer antisozialen Haltung. Polen und Ungarn spielen mit ihrer rechtskonservativen Regierung in der EU eh gerade eine sehr dysfunktionale Rolle und schränken die Rechte der LGBTIQ+ innerhalb ihrer Länder immer mehr ein. Es gibt weiterhin keine Lösung zur Verteilung der ankommenden Menschen, und keine Ideen zur dauerhaften Stellenfinanzierung für die Menschen, die sich um Ankommen, Wohnungssuche, Betreuung etc. kümmern. obwohl das dein Teil der Lösung wäre. Denn insbesondere queere Menschen sind hier erstmal richtig lost in den Erstaufnahmeeinrichtungen und sehen sich, wie überall, übermäßig Gewalt ausgesetzt etc. Und Nancy Faeser stimmt dem zu, sieht es als nötigen Kompromiss, obwohl 700 Anwält*innen sich mit einem offenen Brief gegen die Schaffung eines Zustands der Rechtslosigkeit ausgesprochen haben. Den Druck auf den Kommunen wird es in keinem Falle mindern, und dadurch auch nicht das Risiko auf Angriffe von rechten Wutproleten. Denn die Kommunen sind überlaufen von Geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Ein Ende des Angriffskrieg von Russland, der das Land systematisch zerstört, ist lang nicht in Sicht. Ich weiß, die Aussichten sind trübe und die rechte konservative Weltansicht schlägt wieder mehr zu denn je.  Aber wir, die wir noch eine freiheitliche Demokratie leben, mit vielen errungenen Rechten für unsere LGBTIQ+ Community, müssen zweckoptimistisch die Mittel heiligen. Lasst uns weiterhin zusammenstehen und unsere schützenden sozialen Systeme öffnen für alle die es brauchen.  Lasst uns weiterhin bunt, laut und vor allem fordernd für uns und alle Menschen leben. Geben wir damit den Rechten keinen Raum!