Kundgebung gegen die Repression gegen trans Menschen in Russland

Die russischsprachige queere Selbstorganisation Quarteera hat heute eine Kundgebung in Dresden abgehalten.
Damit sollte die Öffentlichkeit über die jüngste Eskalation der Repressionen gegen queere – insbesondere trans – Menschen in Russland informiert werden.

Quarteera fordert außerdem humanitäre Visa und eine erleichterte Einreise für trans Menschen aus Russland.

Wir unterstützen ihre Forderungen ausdrücklich und hielten die folgende Rede in Solidarität mit allen in Russland verfolgten Menschen:

Liebe Menschen in Dresden!

Wir stehen heute zwar im Kalten auf dieser Kundgebung, aber wir stehen hier nicht alleine. Und wir können heute Abend nach Hause gehen, statt für eine Demo im Gefängnis zu landen. Wir können nächsten Samstag im AZ Conni beim queeren „unholy takeover“ feiern, ohne Angst vor einer Razzia zu haben.
All diese Rechte, dieses Mindestmaß an Sicherheit haben queere Menschen, haben insbesondere trans Menschen in Russland heute nicht. Und weil uns das nicht egal ist, und weil wir sie eben nicht alleine stehen lassen wollen, sind wir heute hier.

Als gerade der Krieg in der Ukraine los ging, gab es in Dresden eine Demo gegen den Angriff. Dort haben wir gewarnt: Auch in Russland wird sich die schon lange bestehende Diskriminierung queerer Menschen weiter verschärfen. Wir waren uns sicher: die Aggression nach außen und die Repression nach innen sind zwei Seiten einer Medaille. Beides gehört gleichermaßen zu der chauvinistischen, autoritären Politik, die wir von Putin, Erdoğan und anderen Diktatoren kennen.

Wir haben gewarnt vor den Folgen einer russischen Besetzung der Ukraine. Vor der Druck auf Journalist*innen und Aktivist*innen, der auch im Exil nachwirkt. Vor der Angst vieler Menschen, die sich nicht verstecken, sondern ein selbstbestimmtes Leben führen wollen. Viele befürchteten, auf Todeslisten der russischen Geheimdienste zu stehen und nach einer erfolgreichen Invasion gejagt, gefoltert, getötet zu werden. Und wir haben gewarnt: Die brutale Verfolgung von Homosexuellen in Tschetschenien könnte ein grausames Comeback in ganz Russland erleben. Ihr Leidensdruck nimmt zu, Repression und Hassverbrechen steigen bis heute unerbittlich an.

2022 haben wir gerufen „Das muss mit allen Mitteln verhindert werden!“ Heute müssen wir bedrückt feststellen, dass das nicht gelungen ist. Dass Menschenrechte weiter für billiges Öl und Gas verschachert wurden. Und dass die Offenheit und Solidarität für geflüchtete Menschen aus der Ukraine nicht etwa als neuer Maßstab für alle Asylsuchenden festgelegt wurde. Sondern ganz im Gegenteil auch noch rassistisch als Argument vorgebracht wird, dass nun ja niemand sonst mehr ins Land gelassen werden dürfe. Das ist falsch, das ist fatal und das nehmen wir nicht einfach hin!

Wir haben vor knapp zwei Jahren öffentlich die Unterstützung der kritischen russischen Opposition gefordert. Wir haben gesagt „Machen wir auch ihre Stimme stark, statt sie für die Verbrechen der russischen Regierung in Geiselhaft zu nehmen!“
Heute ist ein guter Tag, um genau diese kritischen Stimmen zu verstärken. Unterschreibt die Petition, verbreitet sie weiter. Fordert die deutsche Regierung auf, den Schaufensterreden über Menschenrechte und Demokratie auch endlich Taten folgen zu lassen!

Wir unterstützen die Petition von Quarteera. Als Queer Pride schließen wir uns den Forderungen ganz klar an. Denn wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können!

Und solange das nicht überall auf der Welt erreicht ist, müssen wir laut und unbequem bleiben. Solange trans Menschen in Russland ihr Existenzrecht verwehrt wird, sagen wir: Grenzen auf für alle Verfolgten! Solange, wie die LGBTIQ*-Bewegung in Russland kriminalisiert wird, ja, als extremistische Bedrohung verfolgt wird, werden wir hier nicht schweigend wegsehen.
Lasst uns zusammen auf allen Ebenen Druck machen für das Menschenrecht auf Asyl. Lasst uns für die gute Unterstützung Geflüchteter einstehen. Und lasst uns nicht zuletzt auch für einen unmittelbaren und kostenfreien Zugang zu medizinischer Versorgung für alle trans und inter Menschen kämpfen.

Langfristig muss es uns darum gehen, unsere queeren Netzwerke zu stärken. Wir wollen nicht nur reagieren und Schlimmeres abwendenden, sondern für das bessere Leben für alle eintreten. Nicht nur in Dresden, nicht bloß in Deutschland, nicht allein in Europa, sondern auf der ganzen Welt!

Alle rechten, reaktionären, chauvinistischen Kräfte, die uns weiter unterdrücken wollen, sollten sich eines ganz genau merken:

we will never stop the fight – for our freedom and our rights!