Queer and antifascist – unsere Brücken halten!
Hallo liebe Queers und Allies,
wir freuen uns, heute all euren schönen Gesichter hier zu sehen.
Wir wollen heute einen queeren safer space schaffen, auf dem sich niemand verstecken muss. Einen Tag, an dem ihr einfach ihr selbst sein könnt. Wir wollen schöne Erinnerungen schaffen, wir wollen tanzen, wir wollen laut sein. Wir wollen ganz Dresden zeigen, dass es uns gibt. Wir nehmen uns dafür den Raum, der uns zusteht.
Wir feiern jetzt auf den Straßen und nachher im oka 5 Jahre Queer Pride. Fünf Jahre laute und bunte, wütende und sexy, konsensorientierte und kämpferische queere Stimmen aus Dresden!
Wir sind aber natürlich nicht nur zum Feiern hier. Denn Queerness ist nicht einfach ein Set an Buchstaben. Es heißt, queer zu denken und zu leben. Nur wenn wir außerhalb harter und herrischer Normen denken, können wir uns frei entfalten. Es bedeutet, die Strukturen gegen den Strich zu bürsten. Wenn wir uns von Verwertungslogik und Ellenbogendenken befreien, befreien wir uns gegenseitig. Es heißt Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung in allen Formen. Und ganz aktuell heißt es: Brücken zu bauen.
Unser Motto für dieses Jahr heißt “QUEER AND ANTIFASCIST – unsere Brücken halten!” Weil wir finden: Antifaschismus und queere Befreiung gehören zusammen. Weil wir wissen: wir können den Kampf um eine Zukunft in Würde, Freiheit und Vielfalt nur gewinnen, wenn wir solidarisch zusammen halten.
In diesen Zeiten ist queere und antifaschistische Vernetzung wichtiger denn je. Uns voneinander trennen, uns gegeneinander ausspielen, uns allein und schwach fühlen lassen – das ist genau, was rechte Menschenfeinde wollen. Über die Mauern sozialer Ausgrenzung und die Gräben von spaltendem Hass bauen wir Brücken aus Zärtlichkeit und Zusammenhalt. Wir schaffen eine Community, die die menschliche Vielfalt einschließt und verteidigt. Denn niemand kann frei sein, solange nicht alle frei sind.
Wir wollen Brücken schlagen in die Vergangenheit.
Wir wollen mit euch unsere queeren Vorreiter*innen feiern. Queere Geschichte ist keine bloße Aufzählung von Verfolgung, Gewalt und Auslöschung. Queere Geschichte ist immer auch eine Erzählung von Leben und Lernen, von Widerstand und Rückschlägen. Vor allem zeigt uns queere Geschichte, welche enorme historische Kraft in uns liegt. Die Kraft, immer wieder aufzustehen, immer wieder weiterzukämpfen und vor allem: immer zusammen zu halten!
Unsere queeren Vorfahren und queer Elders haben immer wieder ungeheuren Mut bewiesen. Ob Magnus Hirschfeld oder Rudolf Klimmer, ob Marsha P. Johnson oder Sylvia Rivera, ob die Verteidiger*innen des Tuntenhauses in der Mainzer Straße, Silvia Rentzsch oder Nora Eckart – sie haben alle für sich, für andere, für uns gekämpft und dafür verdienen sie verdammt viel Anerkennung!
Wir wollen Brücken schlagen zu kleinen CSDs und Prides in Ostdeutschland.
Wir wollen das bunte Hinterland stärken. Denn da, wo rechte und antidemokratische Kräfte an Einfluss gewinnen, werden unsere Räume und unsere Sichtbarkeit aktiv bedroht. Solidarische Grüße gehen ‚raus an alle Menschen, die im ländlichen Raum standhaft bleiben! Gerade dort ist es entscheidend, dass queeres Leben und demokratische Werte verteidigt werden.
Diese wichtigen Freiheiten werden oftmals zusätzlich von Behörden und Polizei beschnitten. In Bautzen wollen die Behörden den rechten Mob wieder dem CSD hinterher marschieren lassen. Beim CSD in Frankenberg waren Puppy-Masken verboten. Und der erste CSD dieses Jahr in Schönebeck wurde vorzeitig abgebrochen. Nicht wegen Nazibedrohungen, sondern weil das Ordnungsamt sich plötzlich neue Auflagen ausgedacht hat und die abgespielten Lieder als unpolitisch einstufte. Diese Schikanen sind ausgemachter Unsinn und ein Grund mehr für die Forderung: No Police at Pride!
Umso wichtiger sind gemeinsame Ziele: lasst uns weiter sichtbar, stabil und solidarisch sein! Mit der Kampagne „Wir sind das bunte Hinterland!“ gehen wir diese Ziele als ostdeutsche CSDs und Queer Prides zusammen an.
Denn gemeinsam sind wir lauter, können voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen! Und nur gemeinsam können wir uns hier behaupten gegenüber jenen Strukturen, die unsere Rechte und Selbstbestimmung immer wieder angreifen!
Wir wollen Brücken bauen für die Zukunft.
Uns besorgt nicht allein die zunehmende rechtsextremer Gewalt auf der Straße. Denn daneben gibt es queerfeindliche rechte Mehrheiten von AfD und CDU in Kreisräten. Da wird zusammen zivilgesellschaftliches Engagement diffamiert, da wird Jugendarbeit weggekürzt und Demokratiebildung blockiert. So steigt der Verdrängungsdruck auf queere, linke, kritische Menschen genau dort an, wo ihr Einsatz am wichtigsten ist.
Und leider sieht es auf der Landesebene nicht viel besser aus. Die CDU-SPD-Minderheitsregierung in Sachsen schwingt mit ihrem Haushaltsentwurf die Axt gegen Demokratiearbeit und queere Beratungsangebote. Ebenso düster sieht es bei sexueller Aufklärung und gesundheitlicher Prävention durch den Aidshilfen aus. Wenn dort existenziell gekürzt wird, schwächt uns das mindestens genauso wie direkte Bedrohung durch gewaltbereite Faschos.
Man hört inzwischen, dass Grüne und Linke bei den Verhandlungen einige Kompromisse herausgeholt haben. Doch auch damit bleibt das Geld an allen Ecken und Enden viel zu knapp. Aber wir geben deswegen noch lange nicht auf. Und wir verkaufen die queere Community auch nicht für 150.000€ an den Springer Verlag wie der CSD Dresden. Nein, wir setzen auf Community-Care und Do-it-yourself. Wir kümmern uns selbst um Bildung und Wissensaustausch. Wir sammeln und teilen Infos zu Hormontherapien und guten Ärzt*innen. Wir verteilen um, teilen unsere Löhne und Lasten. Und so kitten wir mühsam die Risse, die durch diese politischen Fehlentscheidungen vertieft werden. Wir verlassen uns nicht auf den Staat – wir verlassen uns auf Solidarität und Zusammenhalt.
Wir wollen Brücken bauen zwischen uns.
Wir laden euch herzlich ein: kommt dazu, seid Teil unserer Räume und Bewegungen. Lasst uns eine solidarische Praxis schaffen, die uns verbindet und uns sicher trägt. Hier in Dresden, gemeinsam bei den ostdeutschen CSDs oder in internationalen Kämpfen.
Es wird im Herbst auch wieder ein Kick-Off-Treffen von uns geben. Kommt zum Treffen, lernt uns kennen und bringt euch in unsere Arbeit ein. Wenn ihr keine Zeit oder Kraft für politisches Engagement habt, hilft uns auch immer finanzielle Unterstützung. Spenden könnt ihr den Menschen geben, die mit Dosen auf der Demo rumkommen. Jeder Euro hilft uns und fließt in unsere Projekte, also diese Demo hier, Veranstaltungen wie die „Queer Action Weeks“, Community-Events wie den „unholy club“, und und und – vielen Dank für jeden Support von euch!
Und ich möchte diesen Moment nutzen, um ein ganz großes Dankeschön auszuspechen. Danke an alle, die die Queer Pride und das ganze Programm drum herum organisiert haben! Danke an alle, die unsere Community so dynamisch machen. Danke an alle, die mit uns für ein buntes Hinterland kämpfen. Danke an Ocean aus Döbeln und Lea aus Bautzen, die kürzlich bei unserem Podium waren. Danke an alle queeren Stimmen in Ostdeutschland! Und vielen Dank an alle die heute hier mit uns die Pride feiern, egal ob queer oder questioning oder als Allies! Ihr gebt ein wunderbares Bild ab. Dass wir hier so stark zusammen stehen, gibt uns Zuversicht für die Zukunft!
Wir wollen Brücken bauen in die Utopie.
Weg von der enttäuschenden Normalität von rechtem Hass und grauer kapitalistische Gleichförmigkeit. Wir laden euch heute ein, mit uns zu träumen und unsere Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Auf der Demo und auf der Party, beim miteinander Sprechen und beim miteinander Tanzen. Wir sind mutig und entschlossen, weil wir eines ganz genau wissen: wir werden uns als Community niemals alleine lassen, und wir werden als Community niemals aufgeben!
Lasst uns unsere Träume gemeinsam verwirklichen. Lasst uns heute den Widerstand gegen alle queerfeindlichen, alle transfeindlichen, alle antifeministischen Arschlöcher auf dieser Welt ausrufen: Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lassen uns nicht vertreiben, und wir werden uns erst recht nicht verstecken!
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass niemand allein bleibt. Zusammen stehen wir dafür ein, dass queeres Leben überall sichtbar und sicher ist. Ob heute in Dresden oder am 28.06. in Budapest. Und genauso entschlossen am 10.08. in Bautzen.
Denn eins ist klar: Auch 2025 gehören die Straßen uns!
Unsere Prides bleiben Plätze unserer Freude!
Unsere Prides bleiben Sprachrohr unserer Forderungen!
Unsere Prides bleiben Räume unserer Fantasien!
Wir bleiben queer, wir bleiben antifaschistisch, und unsere Brücken halten!