Kuzynka Drezno: Abtreibungsrechte

Reproduktive und LGBTQ+-Rechte sind untrennbar miteinander verbunden. Dass dies so klar formuliert werden muss, liegt daran, das Abtreibungen im öffentlichen Diskurs häufig als „Frauenthema“ abgetan werden. Noch dazu ein Thema, dass nur heterosexuelle Frauen betreffen würde. Doch dem müssen wir uns bestimmt entgegenstellen. Denn Reproduktive Gerechtigkeit umfasst nicht nur Schwangerschaftsabbrüche, sondern auch das Recht am eigenen Körper, Verhütungspolitik, Familien- und Rollenbilder, Reproduktionstechnologien und vieles mehr.

Die Forderung nach reproduktiver Gerechtigkeit wurde ursprünglich von Schwarzen Feminist*innen und Feminist*innen of Color entwickelt, die ihre Anliegen im überwiegend weißen Mainstream-Feminismus nicht vertreten sahen. Sie kritisierten den einseitigen Fokus auf Schwangerschaftsabbruch und betonten das Recht, sich nicht nur gegen, sondern auch für das Kinderkriegen entscheiden zu können.

Loretta Ross, Mitbegründerin der Frauenorganisation Sister Song ist zentrale Vordenkerin des Konzepts. Sie definiert reproduktive Gerechtigkeit folgendermaßen: Erstens das Recht, Kinder zu haben, zweitens das Recht, kein Kind zu haben, drittens das Recht, Kinder unter sicheren und gesunden Bedingungen aufziehen zu können, sowie viertens als sexuelle Selbstbestimmung für alle.

Und genau diese Forderungen sind eng verknüpft mit der Lebensrealität und den Forderungen queerer Menschen. Denn wir sind – gerade wenn es um reproduktive Rechte geht – vielen Schwierigkeiten und gezielter Diskriminierung ausgesetzt. Begonnen beim Misgendering und aufdringlichen Fragen in der gynäkologischen Praxis, über das Absprechen der Entscheidungskompetenz bei Sterilisationswunsch bis hin zur fehlenden finanziellen Unterstützung bei Kinderwunschbehandlung oder Hürden bei der Adoption.

Aus all diesen Gründen ist es so schwer Gynäkolog:innen zu finden, die sensibilisiert sind für reproduktive und LGBTQ+-Rechte.

Im Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche setzen wir – Kuzynka Drezno – uns als solidarisches Unterstützungsnetzwerk ein, um Menschen aus Polen Zugang zu sicheren Abbrüchen zu ermöglichen.

Zwar ist auch hier in Deutschland die Gesetzeslage weiterhin inakzeptabel und eine Reform längst überfällig, allerdings ist die Situation in Polen aktuell noch restriktiver. Dort kam es zuletzt im Oktober 2020 zu einer Verschärfung der Gesetzeslage, als unter der PiS-Regierung das polnische Verfassungsgericht ein nahezu komplettes Abtreibungsverbot verhängte.

Dadurch ist in Polen nicht der Abbruch, sondern die Unterstützung illegal. Das kann alles umfassen, von der Durchführung durch ärztliches Personal bis zur Terminvereinbarung durch eine Freundin. Nach der Parlamentswahl 2023 hatten wir gehofft, dass sich die Gesetzeslage zum positiven verändert, jedoch ist dies bisher nicht eingetreten. Erst im Juli letzten Jahres lehnte das Unterhaus eine Lockerung ab. Ganz aktuell wurde nun der rechtspopulistische und der PiS nahestehende Nawrocki zum Präsidenten gewählt. Zwar überstand Tusks Regierung das Vertrauensvotum, jedoch sind die weiteren Entwicklungen in der polnischen Politik unklar.

Die queerfeministischen Kämpfe in Polen, Deutschland und der ganzen Welt müssen also weitergehen, um unserem Ideal von reproduktiver Gerechtigkeit näher zu kommen. Denn alle verdienen das Recht auf körperliche Autonomie, auf Gesundheitsversorgung und auf die Entscheidung, ob, wann und wie Kinder gezeugt werden wollen, ohne unangemessene Einmischung des Staates. Reproduktive Gerechtigkeit erfordert somit grundlegende gesellschaftliche Veränderungen, hin zu einem Miteinander frei von Klassenherrschaft, Sexismus und Rassismus.

My Body, my Choice!