Queeres Döbeln: Situation im Hinterland

Hey ich bin Josie, ich komm aus einem Ort, den wir ganz liebevoll, das sächsische Hinterland nennen. Ich bin hier, um euch daran zu erinnern, dass wir eure Hilfe brauchen, bei dem Kampf, den wir in Döbeln, Leisnig  Waldheim und all den andern kleinen Orten in Mittelsachsen führen müssen.  

Wir alle haben die letzten Wahlen intensiv verfolgt. Wir alle waren schockiert von dem hohen Ergebnis der AfD. Wir alle waren verletzt, als Fritze Merz zu unserm neuen Bundeskanzler gewählt wurde, auch wenns erst im zweiten Durchgang soweit war. Wir alle waren aber auch erleichtert, als die AfD ENDLICH bundesweit als offen rechtsextrem eingestuft wurde, auch wenn ich mich gefragt habe, ob ich jetzt schockiert sein soll. Ich bin ehrlich, ich musste lachen, als die AfD gefordert hat, die CDU ebenfalls dahingehend prüfen zu lassen. Wenn es soweit ist, werde ich mich ebenfalls fragen, ob ich schockiert sein soll. Denn naja, wenn Fritze die Partei vertritt, wird das Ergebnis wohl eindeutig ausfallen.   

Unser Kampf findet allerdings nicht nur auf politischer Ebene statt. Sondern auch auf den Straßen. 

Auf den Straßen, auf denen in Bautzen letztes Jahr 800 Faschos aufmarschiert sind, auf denen in Leipzig letztes Jahr 400 Faschos aufmarschiert sind, auf denen vor zwei Wochen zum CSD hier in Dresden 150 Faschos aufmarschierten, auf denen letzte Woche in Stollberg Faschos aufmarschierten, auf den Straßen, auf denen CSDs durch die Polizei beendet wurden, weil sie nicht politisch genug seien. Auf den Straßen, die die letzten 3 Jahre zu unserm CSD in Döbeln mit Buttersäure verschmutzt wurden. Auf den Straßen, auf denen dieses Jahr keine CSDs und Prides stattfinden können, aufgrund einer zu hohen Gefahr. Auf den Straßen, auf denen FLINTA Personen angestarrt, gecatcallt, angegriffen, verletzt und getötet werden.  

Auf genau diesen Straßen findet unser Kampf statt. Aber wir kämpfen nicht nur für die Menschen hier, sondern auch für die Menschen, die in Los Angeles gerade auf den Straßen sind, um gegen ICE anzukämpfen, um gegen eine Diktatur unter Donald Trump anzukämpfen, denn auf gestohlenem Land ist niemand illegal. Wir kämpfen auch für die Menschen, die in über 60 Ländern zur Freiheitsstrafe verurteilt werden, wenn sie sichtbar queer sind und für die, die in 6 Ländern legal dafür getötet werden, denn es sollte verdammt nochmal scheißegal sein, wer wen liebt. Wir kämpfen für queere Menschen im Irak, die entführt und gefoltert werden UND wir kämpfen für queere Menschen in Russland, die mit sogenannten “Reinigungskampagnen” und Zwangsausreisen zu kämpfen haben. Außerdem kämpfen wir für Zivilist:Innen in Kriegsgebieten, für Feminist:Innen, für 

behinderte Menschen, für Migrant:Innen und BIPoC und für Antifaschist:Innen, egal ob auf den Straßen, im Untergrund oder in Haft. Unsere Waffe ist Solidarität! 

Nichtsdestotrotz müssen wir unser Hauptaugenmerk auf unsere Region werfen. Ich möchte den Moment nutzen, um euch die Situation in Döbeln zu schildern: Wir schreiben 2022. Der 1. CSD überhaupt. Die Plätze stinken, Menschen bekommen Bauch – und Kopfschmerzen. Die Ursache? Buttersäure, die von Faschos in der Nacht vorher platziert wurde. Der CSD ist im vollem Gange, auf der Gegenseite? Faschos! Das Motto: Aus Anne wird Frank, das ist doch krank. Transfeindlich und antisemitisch. 2023: Die Plätze stinken, Gegendemo, das Motto: Achtung! Genderwahn im Stundenplan! 2024: Die Plätze stinken, 250 Faschos auf der Gegenseite, mobilisiert durch Stefan Trautmann von den Freien Sachsen, durch Aussagen, wie “LGBTQ – Kuriositäten – Parade” und “Gender – Zirkus”. Und diese 250 Faschos? Naja, die standen wenige Meter von uns entfernt und liefen uns die gesamte Strecke hinterher. Die Versammlungsbehörde Chemnitz ließ zu, dass wir von Faschos durch die Stadt gejagt wurden.  

Und das ist nicht alles, was in Döbeln passiert. Im Töpelwinkel, einem Freizeit – und Erholungsort, trafen sich die JN zu einem sogenannten “Gemeinschaftstag”. Angemeldet wurde das offiziell als Geburtstagsfeier. Was da tatsächlich passierte, ist aber ein klares Indiz dafür, dass die rechte Seite die ist, die Kindern ihre Ideologie aufdrängt. Es fanden Schulungen mit alkoholischen Ritualen statt, Morgenappelle und Gewalt‑Instruktionen für Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren. Scheint, als hätten sie das bei der Hitlerjugend von damals abgeschaut, nur riefen sie diesmal “Heil euch” und grüßten nicht ihren Führer.  

Wie ihr seht, die Welt rückt immer weiter nach rechts, lebt das Ganze immer offener, beeinflusst Kinder. Dabei spielt es keine Rolle, ob in Amerika, Uganda, Russland, dem Irak oder in Deutschland. Das gilt es zu verhindern. All das muss aber auch und vor Allem im Hinterland stattfinden und dafür braucht es euch. Faschos sind im Hinterland vernetzt und finden Locations, in denen sie “trainieren” können. Es braucht stabile linke Präsenz in Döbeln. Also nochmal ein kurzer Aufruf an euch: „Support your local Hinterland!“ Kommt am 07. September nach Freiberg, um deren CSD zu unterstützen und am 20.09 zu uns nach Döbeln und steht an unserer Seite, wenn wir den Faschos zeigen, wie viele wir sind, dass wir laut und bunt sind und dass wir nicht aufgeben werden, denn OB GROßSTADT ODER HINTERLAND, ES LEBT DER QUEERE WIDERSTAND. Alerta!