Hallo Queer Pride!
wir freuen uns sehr, dass wir heute hier auf dem FLINTA-Wagen dabei sind. Wir sind eine Gruppe von FLINTA, die als Queer Monday regelmäßig Events für die queere Community in Dresden organisieren. Wir sagen gleich vorweg, dass wir leider nicht auf alle Bereiche eingehen können.
Ich hätte gern einen schöneren Start in diesen Beitrag gefunden, aber ich muss euch ehrlich sagen, dass ich Angst habe. Wenn ich, wenn wir, in den letzten Jahren dabei zusehen müssen, wie der weltweite Rechtsruck voranschreitet und wie patriarchale Hegemonie in seinem Hass gegen Minderheiten um sich greift. Wie von Land zu Land LGBTQIA Rechte beschnitten oder gar abgeschafft werden, wie Despoten ihren Hass verbreiten, wie auch hierzulande immer mehr rechts gewählt wird und CSDs nur mit Polizeischutz möglich sind, dann macht das Angst. Ich weiß, dass ich mit meiner Angst nicht allein bin, sondern dass es leider vielen meiner Freund*innen so geht.
Und Angst kann ohnmächtig machen. Es gab Phasen in meinem Leben, da hat mich die Angst gelähmt. Aber heute sage ich, lasst diese Angst nicht über uns bestimmen. Lasst aus der Angst Handlung werden.
Das Selbstbestimmungsgesetz ist Ende letzten Jahres endlich in Kraft getreten und es war ein langer Weg. Das menschenverachtende Transsexuellengesetz und auch der Paragraph 45b des Personenstandsgesetzes sind damit Geschichte. Ich selbst bin noch einen anderen Weg gegangen, weiß aber wie viele sehnsüchtig auf das Selbstbestimmungsgesetz gewartet haben. Und selbst mit diesem Gesetz besteht eine dreimonatige Wartefrist, bis die Änderung des Geschlechtseintrags geltend ist. Doch obwohl es erst vor kurzem verabschiedet wurde, soll das Selbstbestimmungsgesetzes bereits 2026 evaluiert werden. Mit der Begründung, dass die Auswirkungen auf Frauen und Kinder ausgewertet werden müssten.
Das Abstammungsrecht ist im aktuellen Koalitionsvertrag kein Thema mehr, und im Selbstbestimmungsgesetz ist die trans Elternschaft nicht endgültig geregelt, was heißt, dass trans Eltern bei der Geburt ihres Kindes unter Umständen weiter zwangsgeoutet werden und in der Geburtsurkunde weiter ein falscher Name und das falsche Geschlecht stehen oder sie gar nicht als Elternteil eingetragen werden. So viel zum Offenbarungsverbot und zur vollen Anerkennung unserer Identität. Die nicht-Reformierung des Abstammungsgesetzes bedeutet auch, dass weiterhin lesbische Frauen nicht gleichberechtige Mütter und Eltern sein können, sondern den demütigenden Weg über die Stiefkindadoption gehen müssen. Den aktuellen Vorstoß des Bundesrat werden wir kritisch verfolgen.
Was das Selbstbestimmungsgesetz ebenfalls nicht regelt ist die medizinische Versorgung von Tin-Menschen welche nach wie vor unzureichend ist. Die Richtlinien zur Begleitung von Tin-Menschen in ihrer medizinischen Transition sind pathologisierend, entmündigend und unglaublich kräftezehrend. Non-binäre Menschen werden in diesen Richtlinien gänzlich ausgeschlossen und müssen sich häufig einer binären medizinischen Transition unterziehen, um geschlechtsangleichende Maßnahmen zu erhalten. Auch hier haben wir noch einen langen Weg vor uns.
Gesetzgebung schafft Realität und vom Eifer Geschlecht basierend auf vermeintlichen biologischen Faktoren zu definieren, sind alle betroffen, die nicht dem gesellschaftlichen Bild von „Mann“ und „Frau“ entsprechen. Ihr erinnert euch vielleicht noch an die Diskussion, die sich während der olympischen Spiele in Paris um die Boxerin Imane Khelif. Imane wurde ihre Weiblichkeit abzusprechen und das Bild der weißen Frau, die von der bedrohlichen, maskulinen Imane „verprügelt“ wurde ging durch die Medien. Vergessen war, dass es sich um zwei Sportler:innen handelt, die einen Sport ausüben bei dem einander „verprügeln“ das Ziel ist.
Plötzlich musste Imane Beweise für ihre Weiblichkeit erbringen und ihr Recht einen Sport auszuüben, den sie als Mädchen entgegen patriarchalischer Widerstände begonnen hatte, wurde erneut in Frage gestellt.
TIN-Menschen sind aus dem Gewalthilfegesetz ausgeschlossen und die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt hat es weiter nicht ins Grundgesetz geschafft. All das macht uns im 21. Jahrhundert zu Menschen zweiter Klasse und ich habe die Schnauze so voll. In Zeiten, in denen die Gewalt auf queere Menschen zunimmt und der Rechtsruck größer wird es umso wichtiger, dass das Grundgesetz alle schützt. Denn unter genau unter diese Verfassung wurden und werden viele Jahre Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit diskriminiert und kriminalisiert. Wir haben zwar schon viel erreicht, aber alles erkämpfte steht aktuell ständig unter Gefahr. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Rechte wieder beschnitten werden und weiter dafür kämpfen, Gleichberechtigung auf allen Ebenen zu erlangen.
Der mühsame Kampf für Veränderung macht müde. Ich bin eine Frau, ich bin trans, ich bin lesbisch und ich bin schwer behindert. Ich weiß, was es heißt um alles kämpfen zu müssen und verstehe, wenn Menschen gerade nicht können.
Aber ich habe mich da raus gekämpft, um die Frau sein zu können, die ich bin und habe es geschafft heute hier stehen zu können. Es heißt aber auch, dass ich jede Menge Unterstützung bekommen habe, eine Unterstützung und Akzeptanz, die ich vor 15 Jahre, als ich das erste Mal in die Transition gegangen bin, nicht bekommen habe. Doch, da hat sich in vielen Köpfen etwas getan.
Und vor allem hatte ich Freundinnen, die zu mir gehalten haben und ich habe auf dem Weg neue wunderbare unterstützende und liebende Menschen kennengerlernt, was mir immer wieder zeigt, dass wir nicht allein sind, dass wir viele sind und das wir gemeinsam neue Kräfte freisetzen können.
Vielen Dank an euch alle!